4.3 Rote Liste der Heuschrecken des Saarlandes

Die vorliegende 2. Fassung einer "Roten Liste der im Saarland gefährdeten Heuschrecken" ist das Ergebnis der seit 1990 gestiegenen Kenntnisse über die saarländische Heuschreckenfauna (vgl. Abb. 1).

Die neu Rote Liste orientiert sich an dem Konzept für Gefährdungskategorien, welches - unter Berücksichtigung der neuen internationalen Kategorien - vom Bundesamt für Naturschutz im November 1993 erarbeitet worden ist (vgl. SCHNITTLER et al. 1994).

Im Gegensatz zu den seit 1974 (und auch noch für die erste Fassung der Roten Liste der im Saarland gefährdeten Heuschrecken; DORDA et al. 1992) verwendeten Gefährdungskategorien (Zusammenstellung in BLAB et al. 1984), geht das neue Konzept von einheitlichen Definitionen der Gefährdungskategorien aus. Es beinhaltet eine Reihe von Verbesserungen, die eine weitgehend objektive Gefährdungsanalyse für jede Art im berücksichtigten Gebiet erlauben. Nach SCHNITTLER et al. (1994) sind dabei folgende Verbesserungen zu nennen:

·    Die Definitionen der Gefährdungskategorien beziehen sich auf einen einheitlichen Kriterienkatalog mit gruppenspezifisch definierten Skalen. Die Überlegungen zur Einstufung einer Art können so (besser) nachvollzogen werden.

·    Natürliche Seltenheit und anthropogene Gefährdung werden unterschieden.

·    Die deutschen Kategorien werden international (IUCN) besser vergleichbar.

 

 

4.3.1 Kategorien und (aktuelle) Gefährdungssituation

Im folgenden werden die der Neufassung der Roten Liste zugrundegelegten Gefährdungskategorien genannt. Die von SCHNITTLER et al. (1994) geforderte Kategorie "I" für gefährdete, wandernde Tierarten (in bezug auf Heuschrecken wohl nur für die Europäische Wanderheuschrecke Locusta migratoria zutreffend) wird nicht übernommen.

 

O Ausgestorben oder verschollen

Arten, die im Bezugsraum verschwunden sind (keine wildlebenden Populationen mehr bekannt). Ihre Populationen sind:

·      nachweisbar ausgestorben, ausgerottet oder

·     verschollen (es besteht der begründete Verdacht, daß ihre Populationen erloschen sind).

 

1 Vom Aussterben bedroht

Arten, die so schwerwiegend bedroht sind, daß sie voraussichtlich aussterben, wenn die Gefährdungsursachen fortbestehen.

Eines der folgenden Kriterien muß erfüllt sein:

·     Die Art ist so erheblich zurückgegangen, daß sie nur noch selten ist. Ihre Restbestände sind stark bedroht.

·     Sie ist seit jeher selten, nun aber durch laufende menschliche Einwirkungen sehr stark bedroht.

·     Die für das Überleben der Art notwendige minimale kritische Populationsgröße ist wahrscheinlich erreicht oder unterschritten.

Ein Aussterben kann nur durch sofortige Beseitigung der Gefährdungsursachen oder wirksame Hilfsmaß´nahmen für die Restbestände dieser Arten verhindert werden.

 

2 Stark gefährdet

Arten, die erheblich zurückgegangen oder durch laufende bzw. absehbare menschliche Einwirkungen erheblich bedroht sind.

Eines der folgenden Kriterien muß zusätzlich erfüllt sein:

·    Die Art ist sehr selten bis selten.

·    Die Art ist noch mäßig häufig, aber sehr stark durch laufende menschliche Einwirkungen bedroht.

·    Mehrere der biologischen Risikofaktoren treffen zu

·    Die Art ist in großen Teilen des früher von ihr besiedelten Gebietes bereits verschwunden.

·    Die Vielfalt der von ihr besiedelten Standorte bzw. Lebensräume ist im Vergleich zu früher weitgehend eingeschränkt.

Wird die Gefährdung der Art nicht abgewendet, rückt sie voraussichtlich in die Kategorie „vom Aussterben bedroht“ auf.

 

3 Gefährdet

Arten, die merklich zurückgegangen oder durch laufende bzw. absehbare menschliche Einwirkungen bedroht sind.

Eines der folgenden Kriterien muß zusätzlich erfüllt sein:

·     Die Art ist selten.

·     Die Art ist mäßig häufig, aber stark durch laufende menschliche Einwirkungen bedroht.

·     Die Art ist noch häufig, aber sehr stark durch laufende menschliche Einwirkungen bedroht.

·     Die Art ist in großen Teilen des früher von ihr besiedelten Gebietes bereits sehr selten.

·     Mehrere der biologischen Risikofaktoren treffen zu.

·     Die Vielfalt der von ihr besiedelten Standorte bzw. Lebensräume ist im Vergleich zu früher eingeschränkt.

Wird die Gefährdung der Art nicht abgewendet, kann sie in die Kategorie „stark gefährdet“ aufrücken.

 

G Gefährdung anzunehmen, aber mangels Information exakte Einstufung nicht möglich

·     Arten, die sehr wahrscheinlich gefährdet sind.

·     Einzelne Untersuchungen lassen eine Gefährdung der betroffenen Populationen erkennen.

·     Die Informationen reichen aber für eine Einstufung in die Kategorien 1-3 nicht aus.

·     Die taxonomische Umgrenzung der Art ist allgemein akzeptiert.

 

R Extrem selten (rarus, rare)

Seit jeher extrem seltene bzw. sehr lokal vorkommende Arten.

·     Es ist kein merklicher Rückgang bzw. keine Bedrohung feststellbar.

·     Die Arten können aufgrund ihrer Seltenheit durch unvorhersehbare Einwirkungen schlagartig ausgerottet oder erheblich dezimiert werden.

 

V Zurückgehend, Art der Vorwarnliste

Arten, die merklich zurückgegangen sind, aber aktuell nicht gefährdet sind.

·     Die Art ist in großen Teilen des früher von ihr besiedelten Gebietes bereits selten geworden.

·     Die Art ist noch häufig bis mäßig häufig, aber an seltener werdende Lebensräume gebunden.

·     Die Art ist noch häufig, die Vielfalt der von ihr besiedelten Standorte bzw. Lebensräume ist aber im Vergleich zu früher eingeschränkt.

Bei Fortbestehen der bestandsreduzierenden menschlichen Einwirkungen ist in naher Zukunft eine Einstufung in die Kategorie „gefährdet“ wahrscheinlich.

 

*Derzeit nicht als gefährdet angesehen

Arten werden im Sinne der Roten Liste derzeit nicht als gefährdet angesehen, wenn

·     Sie nicht extrem selten sind und

·     Kein merklicher Rückgang bzw. keine Gefährdung feststellbar ist und

·     Die Vielfalt der von ihnen besiedelten Standorte bzw. Lebensräume im Vergleich zu früher nicht eingeschränkt ist oder

·     Sie über das früher von ihnen besiedelte Gebiet hinaus in Ausbreitung begriffen sind.

 

**Ungefährdet

Arten sind mit Sicherheit ungefährdet, wenn:

·     sie zumindest mäßig häufig sind und

·     kein merklicher Rückgang bzw. keine Gefährdung feststellbar ist und

·     die Vielfalt der von ihnen besiedelten Standorte bzw. Lebensräume im Vergleich zu früher nicht eingeschränkt ist oder

·     sie über das früher von ihnen besiedelte Gebiet hinaus in Ausbreitung begriffen sind.

 

D Daten mangelhaft

Die Informationen zur Verbreitung, Biologie und Gefährdung einer Art sind mangelhaft, wenn diese Arten

·     bisher oft übersehen bzw. im Gelände nicht unterschieden wurden oder

·     erst in jüngster Zeit taxonomisch untersucht wurden (es liegen noch zu wenige Angaben über Verbreitung, Biologie und Gefährdung vor) oder

·     taxonomisch kritisch sind (die taxonomische Abgrenzung der Art ist ungeklärt).

 

 

Es ergibt sich die in Tab. 2 dargestellte Gefährdungssituation.

 

Tab. 2: Rote Liste der Heuschrecken des Saarlandes (Beurteilung der im Saarland vorkommenden Heuschreckenarten auf der Grundlage einer neuen Konzeption1 der Roten Listen)

 

 

Art

Einstufung RL

Acheta domesticus

D

Chorthippus albomarginatus

*

Chorthippus biguttulus

**

Chorthippus brunneus

**

Chorthippus dorsatus

*

Chorthippus mollis

2

Chorthippus montanus

3

Chorthippus parallelus

**

Chorthippus vagans

R

Chrysochraon dispar

**

Conocephalus discolor (fuscus)

*

Conocephalus dorsalis

2

Decticus verrucicorus

3

Gomphocerippus rufus

**

Gryllotalpa gryllotalpa

D

Gryllus campestris

3

Leptophyes punctatissima

D

Meconema thalassinum

D

Metrioptera bicolor

**

Metrioptera brachyptera

2

Metrioptera roeselii

**

Myrmeleotettix maculatus

3

Nemobius sylvestris

**

Oecanthus pellucens

R

Oedipoda caerulescens

*

Oedipoda germanica

0

Omocestus haemorrhoidalis

1

Omocestus rufipes

2

Omocestus viridulus

*

Phaneroptera falcata

**

Pholidoptera griseoaptera

**

Playcleis albopunctata

2

Sphingonotus caerulans

R

Stenobothrus lineatus

3

Stethophyma grossum

*

Tetrix subulata

*

Terix undulata

*

Tetrix tenuicornis

D

Tettigonia viridissima

**


Definition der Kategorien
: 0 = ausgestorben, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, G = Gefährdung anzunehmen, R = extrem selten, V = zurückgehend, * = derzeit nicht gefährdet, ** = mit Sicherheit ungefährdet, D = Daten mangelhaft


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1nach SCHNITTLER et al. (1994), verändert


 Literatur
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