3. LANDESNATUR

„Das Saarland ist mit rund 2560 km2 das kleinste Bundesland der Bundesrepublik Deutschland, in deren südwestlicher Ecke, an der französischen Grenze gelegen, es aus derSicht des übrigen Bundesdeutschen ein etwas eigenbrödlerisches und provinzielles Dasein fristet. Der ‚Saarländer’, der sich erst in jüngster Vergangenheit als solcher herausgebildet hat, nimmt dieses Bild gelassen hin und fühlt sich, nicht zuletzt aufgrund seiner geschichtlichen Erfahrungen, heute eher im Herzen Europas als am Rande der Bundesrepublik lebend, kann er doch in wenigen Stunden einen großen Teil der europäischen Staaten erreichen“ (SCHNEIDER 1991).

Das Saarland ist weder eine geographische oder geologische Einheit noch ein gewachsenes Staatsgebilde, aber es verdankt seine Entstehung und damit auch seine politische Existenz letztlich den geologischen Verhältnissen seines Untergrundes.

Denn als im Jahre 1919 im Versailler Vertrag Deutschland das Eigentum an den Kohlengruben im Saarbecken an Frankreich abtrat, kam mit dem „Saargebiet“ ein unter dem Gesichtspunkt „Kohlebergbau- und Eisenindustriestandort“ abgegrenztes Gebiet unter die treuhänderische Regierung des Völkerbundes und nach dem zweiten Weltkrieg erfolgte unter ähnlichen Bedingungen wiederum die Abtrennung des Saargebietes vom Deutschen Reich (vgl. SCHNEIDER 1991).

Geologisch ist das Saarland ein heterogenes Gebilde mit interessanter Vielfalt und einem annähernd zentral gelegenen SW-NE streichenden Karbonsattel (Farbtafel 1).

Das Saarland bildet einen Teil des südlichen Vorlandes des zum variskischen deutschen Mittelgebirge gehörenden Hunsrücks. Während im Ostteil (auf Muschelkalk bzw. Buntsandstein) die sanften Formen des Pfälzer Berglandes und (auf Rotliegendem) des Naheberglandes das Landschaftsbild bestimmen, finden sich im Westen die Schichtstufen- und Tafellandschaft der Merziger Muschelkalkplatte und der lothringischen Hochfläche (Muschelkalk im Übergang zum Keuper), die ein Teil des Ostrandes des Pariser Beckens sind. Hierzu gehören auch der Bliesgau (Muschelkalk) und das weite Moseltal bis zum Luxemburger Gutland.

Im mittleren Landesteil sind die Karbonablagerungen zu einem Sattel aufgewölbt. Dieser bildet die höchsten Erhebungen des südlichen und südöstlichen Saarlandes. Unterhalb dieses Karbongürtels erstreckt sich, von Homburg (im Osten) über Saarbrücken und von dort entlang der Saarschiene bis nach Saarlouis, ein bedeutendes Buntsandsteingebiet, welches im Südwesten (Warndt) seinen natürlichen Abschluß findet. Im nördlichen Saarland wird neben dem Rotliegenden insbesondere der Taunusquarzit landschaftsbestimmend.

Die weiten Höhenzüge des Karbonsattels, große Teile des Buntsandsteingebietes sowie der überwiegende Teil des Nord-Saarlandes sind mit dichtem Wald bestanden. Das Saarland hat auf diese Weise einen Waldanteil von ca. 30 % (vgl. Abb. 4).

 


Abb. 4: Wald/Offenlandverteilung im Saarland

 

Die unterschiedliche Wald-Offenlandverteilung kommt auch in der natur-räumlichen Gliederung des Saarlandes zum Ausdruck (vgl. Farbtafel 2). Überwiegend waldgeprägt sind die Naturräume „186 Saarbrücken-Kirkeler-Wald“, „191 Saarkohlewald“, „198 Warndt“, „242 Hoch- u. Idarwald“ und „246 Saar-Ruwer-Hunsrück“. Landwirtschaftlich genutzt werden dagegen die alten Gaulandschaften („180 Zweibrücker Westrich“, „181 Saar-Blies-Gau“, „182 Saar-Nied-Gau“ und „260 Mosel-Saar-Gau“), welche die sowohl floristisch (Orchideen) als auch faunistisch (z.B. Heidelerche, Bergzikade, sporadisch: Gottesanbeterin) weit über die Grenzen des Saarlandes hinaus bedeutenden, submediterranen Kalk-Halbtrockenrasen beherbergen. Insbesondere in den Muschelkalkgebieten des südöstlichen Saarlandes und hier im sog. „Hinteren Bliesgau“ (= die südlichen Teile der naturräume „Saar-Blies-Gau“ und „Zweibrücker Westrich“) hat sich eine aus extensiver Nutzung hervorgegangene Kulturlandschaft mit orchideenreichen Salbei-Glatthaferwiesen, wärmeexponierten Kalk-Halbtrockenrasen und avifaunistisch bedeutenden Streuobstwiesen erhalten, die in ihrer Gesamtheit sogar von gesamtstaatlicher Bedeutung sind (z.B. das Naturschutzgroßvorhaben „Saar-Blies-Gau/Auf der Lohe“). Aber auch im Nordwesten des Saarlandes, im Naturraum „Saar-Nied-Gau“, gibt es erhaltenswerte und bundesweit bedeutende, klimatisch begünstigte Muschelkalklandschaften, die wie der „Wolferskopf“ bei Beckingen floristisch von der nahen Moselpforte „profitieren“ und sich durch zahlreiche submediterrane Besonderheiten auszeichnen.

Der Wandel im geomorphologischen Formenschatz (Hunsrück, Saar-Nahe-Bergland, Schichtstufenland) ist außerordentlich auffällig und mannigfaltig, zumal die Höhengliederung des Saarlandes nicht gerade bedeutend ist. Die Höhenlage schwankt zwischen 140 m NN im Moseltal und 695 m NN im Hochwald (Dollberge bei Eisen). Sonst ist besonders für das Schichtstufenland eine Höhe zwischen 300-400 m vorherrschend; gelegendlich verursachen Auslaugung oder Abtragung sogar nur eine Geländehöhe von 200-300 m. Nur dort wo sich Täler eingeschnitten haben, sinkt die Höhenlage unter 200 m ab. Dies ist außer an der Mosel (s.o.= insbesondere im Bereich der mittleren Saar der Fall.

Die einzigen größeren Fließgewässer sind die Mosel, die das Saarland auf einer Länge von nur 10 km tangiert und die Saar, deren saarländischer Anteil rund 78 km beträgt. Beide Flüsse sind zu Schiffahrtsstraßen ausgebaut und weisen kaum noch naturnahe Bereiche auf, was sich natürlich auch in der dazugehörigen Heuschreckenfauna ausdrückt. Naturnahe Auen (als Lebensraum hygrophiler Heuschreckenarten) mit Überschwemmungsbereichen, Feucht- u. Naßwiesen, Großseggenriedern, Hochstaudenfluren usw. sind dagegen an „Nied“, „Ill“, „Oster“, „Bickenalb“ und „Blies“ zu finden.


Abb. 5: Phänologie, Schneeglöckchenblüte (Vorfrühling)

 

Das Klima des Saarlandes wird in erster Linie durch seine verhältnismäßig südliche Breite (das Saarland zählt nach dem Freiburger Raum zu den wärmsten Gegenden des Bundesgebietes), die geringe Entfernung vom Atlantischen Ozean sowie die Mannigfaltigkeit in der Gestaltung der Oberflächenformen und Höhengliederung bestimmt. In dem engbegrenzten Raum des Saarlandes sind bemerkenswerte regionale Gegensätze in der Verteilung der Lufttemperatur vorhanden. So sind die wärmsten Gegenden, die eine mittlere Jahrestemperatur von mehr als 8°C erreichen, das Tal der Saar und der Bliesgau. Mit zunehmender Höhe über dem Meeresspiegel sinkt die jährliche Mitteltemperatur ab und beträgt auf den Hochflächen im langjährigen Mittel nur noch 6°C.

Die unterschiedlichen Jahrestemperaturen wirken sich natürlich auch auf die Phänologie, d.h. die Aufblühtermine bestimmter Indikatorarten aus. So findet in den Gaulandschaften bzw. im Saartal die Schneeglöckchenblüte gewöhnlich ab dem 50. Tag (nach dem 01.01) statt, während sich im Nordsaarland der Beginn der Schneeglöckchenblüte um fast 20 Tage verzögert (Abb. 5).

Die unterschiedliche Phänologie bedingt auch eine unterschiedliche Vegetationszeit. So hat die Vegetation im Nord-Saarland nur 140 bis 147 Tage Zeit sich zu entwickeln, während im südlichen und westlichen Saarland die Vegetationszeit zwischen 167 u. 174 Tage beträgt (vgl. MINISTER FÜR WIRTSCHAFT 1986).

Die Niederschläge, welche überwiegend durch westliche Winde vom Ozean in das Saarland gebracht werden, verteilen sich sehr ungleichmäßig. Mit ihren räumlichen Differenzierungen spiegeln sie deutlich die orographischen und die daraus resultierenden Luv- und Lee-Verhältnisse wieder. Es ist ein deutlicher Anstieg der Niederschlagsverteilung vom Saartal aus höhenwärts festzustellen. So weisen die Hochflächen des Berg- und Hügellandes jährliche Mittelwerte über 1000 mm auf, während im mittleren Saartal Niederschlagssummen unter 750 mm gemessen werden.

Die Industrie, die eigentlich auf den Bergbau zurückgeht, ist in den Tälern angesiedelt. Gerade der Bergbau hat mit Kohlelagerflächen auffällige Sekundärstandorte geschaffen, die für wärmeliebende Heuschrecken (z.B. die Blauflügelige Ödlandschrecke und die Blauflügelige Sandschrecke) wichige Trittsteine innerhalb eines landesweiten Biotopverbundes darstellen.

Die saarländische Montanindustrie befindet sich in einem strukturell bedingten Umbruch. Aktuelle Zentren der Schwerindustrie, welche im Saarland eine jahrhundertalte Tradition hat, sind das mittlere Saartal mit Dillingen, Völklingen und Saarbrücken verbunden durch die Bergbaustandorte um Göttelborn, Ensdorf und Warndt.

Rund 1 Mio. Einwohner verteilen sich sehr ungleichmäßig über die Landesfläche. Hohe Einwohnerdichten werden in den Industriezentren, also im Saartal und über den Kohlelagerstätten erreicht. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei ca. 400 Einw./qkm. Im Stadverband Saarbrücken liegt sie bei ca. 860 Einw./qkm, im Landkreis Merzig-Wadern dagegen nur bei 180 Einw./qkm. Besonders dünn besiedelt sind neben dem Hochwald der Bliesgau und der Mosel-Saar-Gau entlang der Grenze zu Frankreich.

Knapp die Hälfte des Saarlandes (49%) wird landwirtschaftlich genutzt, davon rund 50% als Ackerland. Dennoch gehört das Saarland nicht zu den intensiven und hochproduktiven Agrarregionen des Bundesgebietes. Dies liegt hauptsächlich in den von Natur aus vorherrschenden ungünstigen Standortvoraussetzungen (schlechte Böden, hohe Reliefenergie) begründet. Die landwirtschaftliche Situation läßt sich wie folgt skizzieren (vgl. MINISTER FÜR UMWELT 1991):

  • Sonderkulturen wie Hopfen-, Spargel, Wein-, Obst- und Gemüseanbau, die bei konventioneller Anbaumethode bezüglich des Einsatzes von Agrochemikalien für die Umwelt bedenklich sein können, fehlen im Saarland oder spielen flächig nur eine sehr geringe Rolle.
  • Die Getreideerträge liegen im Vergleich zum Bundesgebiet etwa 10 dt unter denen der übrigen Bundesländer.
  • Die tierische Produktion (z.B. die Milchleistung) erreicht bei weitem nicht das Leistungsniveau des übrigen Bundesgebietes.
  • In Anbetracht des wesentlich geringeren Einsatzes von Dungstoffen pro Flächeneinheit LN kann davon ausgegangen werden, daß die landwirtschaftlich genutzten Böden nicht bis zu ihrer Leistungsgrenze ausgenutzt werden. Dies ist gleichbedeutend mit einer relativ extensiven Nutzung der Flächen, was sich aus der Sicht des arten- und Biotopschutzes in der Summe positiv auf die Qualität der Biotope in der Agrarlandschaft auswirkt.


Die Heuschrecken des Saarlandes
   Inhaltsverzeichnis